Team Rot und Team Blau begeben sich vierzehn Tage lang auf eine Reise durch Deutschland, bei der sie verschiedene Aufgaben bewältigen müssen, um zu gewinnen. Klingt wie ein Abenteuerroman für Kinder, ist aber die neueste Werbekampagne der Bundeswehr. Für das Projekt „Explorers – Roadtrip durch die Bundeswehr“ wurden vier Influencer angeheuert. Tina, Selma, Tizian und Can sind alle in ihren frühen Zwanzigern, machen was mit Comedy, Kochen, Lifestyle oder Sport und unterhalten damit auf TikTok je mindestens eine Million Menschen.
Nun sollen sie für die verschiedenen Berufe der Bundeswehr trommeln. Als Motivation nennen die vier, mehr von etwas erfahren zu wollen, wovon sie keine Ahnung haben und endlich mal mit einem Van zu fahren. In den kurzen Videos sieht man sie dann von Feldwebeln angewiesen Aufgaben erfüllen. Entweder hängen sie an einer Kletterwand, rennen mit Camouflage und schwerem Gepäck durch ein Feld oder tauchen zu einem U-Boot. Begleitet werden sie dabei von Ingenieuren, Elektrotechnikern und IT-Spezialisten, oder wie Tina sagt „die Soldaten-Nerds“.
So richtig nach Instagram fühlen sich die Videos dann aber nicht an: Da ist ganz unlifestylemäßig von „Nasszellen“ und „Versorgungsebenen“ die Rede, farblich ist alles eher grau, Boden, Himmel, U-Boote. Eigentlich nicht sehr instagrammable. Das könnte man wohlwollend als gewollt authentisch interpretieren: Hier wird gezeigt, wie man ohne Schnickschnack und ganz pragmatisch einem höheren Ziel dient als sich selbst.
Auch die „Hauptdarsteller“ aus der Bundeswehr sind eher bodenständig als Kamera-Charmeure – was sie auf ihre Art sympathisch macht. Man kann der Bundeswehr also nicht vorwerfen, Bewerber hier mit einer komplett durchgestylten und gefilterten Hochglanz-Welt zu täuschen. Gleichzeitig schwingt in der mittelmäßigen Tonqualität der Videos und den teils gewollt wacklig von den Influencern aufgenommenen Bildern auch eine bittere Ironie über das beworbene Produkt mit: Die deutsche Bundeswehr wirkt improvisierter, als man es sich mit Blick in Richtung Russland vielleicht wünschen würde. Und es fehlen Leute.
Während Verteidigungsminister Boris Pistorius über ein neues freiwilliges Modell des Wehrdienstes nachdenkt, versucht es die Bundeswehr nun also mit Influencern. Das hat immer wieder komische Momente. Wenn die jungen Menschen etwa in Zeitlupe auf Panzer und Helikopter zulaufen, wie im Actionfilm und ein bisschen Krieg spielen. Dass er bei all dem vergessen hat, dass es im Ernstfall darum geht, sein Leben für sein Land zu opfern, gibt Tizian zu. Insgesamt wird darüber wenig gesprochen. Erst im Militärhistorischen Museum geht es um gefallene Soldaten. Can bricht nach ein paar Tagen ab, zollt aber jedem, der das hier macht, seinen Respekt.
Vor ein paar Jahren noch hätte man das vielleicht recht witzig gefunden. Ein paar Influencer, die sich im Militär vergnügen wie Kinder im Bällebad. Doch irgendwie lassen die Clips voll kameradschaftlicher Freude und freundlicher Feldwebel ein dräuendes Gefühl aufsteigen. Man denkt an eine Szene aus „Im Westen nichts Neues“, in der die Soldaten voller Eifer ihre Uniformen abholen, nicht wissend, dass diese zuvor gefallenen Kameraden ausgezogen wurden. Und man wünscht sich einen Influencer, der einen mit Koch-, Back- und Schminkvideos wieder von der Welt ablenkt.