Der eine ist seit Jahrzehnten einer der bekanntesten Raubfisch-Angler Deutschlands, der andere ein gefeierter YouTube-Star der jungen Angel-Szene. Beide sprechen bei BILD über den neuen Hype ums Angeln – und über Trends, Tipps und Traumfische.
Tausende Fans standen gerade erst bei Dustin Schöne (39) Schlange: Sie wollten auf der Messe „Angelwelt Berlin“ ein Selfie mit ihm „Es war extrem, man kam kaum zur Toilette“, sagt Dustin Schöne zu BILD. Er dreht professionelle Filme, die Angeln als großes Abenteuer zeigen und teilweise an die erfolgreichste deutsche YouTube-Serie aller Zeiten – „7 vs. Wild“ – erinnern.
Auch Uli Beyer (63) ist sehr gefragt. Er gilt seit mehr als 30 Jahren als einer der größten Raubfisch-Experten Deutschlands. In dieser Zeit haben sich das Angeln und die Szene sehr verändert. Gerade durch Social Media ist Angeln zu einem neuen Hype geworden!
BILD stellte beiden Angel-Stars getrennt voneinander dieselben Fragen.
Das große Angel-Interview
► Was hat sich in der Angel-Szene in den letzten 20 Jahren verändert?
Uli Beyer: „Dass es eine Vielzahl von neuen Anglern gibt, die sich auf nur eine Fischart oder Angelmethode spezialisieren. Gerade in den letzten Jahren ist Raubfischangeln sehr populär geworden. Die Zeit ist kurzlebiger geworden, da bietet sich das an, weil es geringeren Aufwand erfordert, als z. B. Karpfenangeln.“
Dustin Schöne: „Als ich angefangen habe, gab es YouTube noch nicht. Da gab es Magazine, die man verschlungen hat. Irgendwann war es ein riesiges Highlight, wenn sie eine DVD beigelegt haben. Dann kamen Instagram und YouTube. Angeln wurde mehr und mehr zum Lifestyle. Da dachte ich mir: Jetzt muss ich meine Passion zu meinem Beruf machen.“
► Was sind die neuesten Trends bei Angelmethoden?
Uli Beyer: „Feine Techniken aus den USA sind hipp. Das ist allerdings nicht so mein Ding, weil das für kleine Fische ist.“
Dustin Schöne: „Der Barsch rückt immer mehr in den Fokus. Das kommt vor allem aus den USA und aus Japan.“
▶︎ Was sind die Trends beim Angelgerät?
Uli Beyer: „Ein wichtiger Trend in der Kunstköder-Entwicklung ist eine außerordentliche Zunahme an Formen und Bewegungsoptimierungen.“
Dustin Schöne: „Ruten werden feiner, Rollen leichter, Schnüre dünner.“
„Es geht um mehr, als nur einen Fisch in die Kamera zu halten“
► Was sind die Trends in der Szene?
Uli Beyer: „Heute ist alles stark dominiert von YouTube. Dort werden die Trends und die Bedürfnisse gesetzt. Was mir etwas missfällt ist, dass die Spezialisten da aus dem Boden sprießen. Jeder, der eine Kamera in der Hand hat, ist plötzlich Spezialist. Langjährige Erfahrung rückt in den Hintergrund.“
Dustin Schöne: „Catch & Cook und Survival sind angesagt. Es geht um mehr, als nur einen Fisch in die Kamera zu halten, sondern auch darum, mit der Natur und in der Natur zu sein – und das auch auf YouTube zu zeigen.“
▶︎ Wer sind die größten Nachwuchs-Stars?
Uli Beyer: „Dustin Schöne ist sehr erfolgreich, hat mit seiner Filmproduktion das Marketinginstrument schlechthin in der Hand. Ein junger Mann ist als BROSEF bei YouTube unterwegs. Es gibt viele weitere junge YouTuber mit starkem Wachstum.“
Dustin Schöne: „Das ist BROSEF! Der ist ein richtig Großer – jung, gut aussehend, nah an der Basis. Der fährt nicht mit einem riesigen Boot rum, sondern lässt sich in der Natur aussetzen, verwertet Fische, ist sympathisch und sehr versiert. Er ist bei YouTube in kürzester Zeit auf 185.000 Follower gewachsen und der Shooting-Star der Szene.“
► Gibt es zu viele Angler? Sind unsere Gewässer überfischt?
Uli Beyer: „Aus Sicht des Anglers ist es zu viel, sobald einer neben ihm steht. Durchs Angeln werden Begeisterung und Engagement für Natur und Umwelt geweckt. Als Präsident des Fischereiverbandes NRW finde ich: Es könnte noch viel mehr Angler geben. Angeldruck muss gegebenenfalls reglementiert werden, z. B. durch begrenzte Entnahme-Mengen und Schonmaße, bei denen nicht nur kleine, sondern auch die großen, laichfähigen Fische sofort zurückgesetzt werden müssen. Dazwischen liegt das sogenannte Küchenfenster.“
Dustin Schöne: „Ich glaube nicht. In Holland hat Angeln einen höheren Stellenwert. Ein kleines Land mit sehr vielen Anglern – und es gibt trotzdem sehr viel Fisch, und man fängt ihn auch.“
▶︎ Was hältst Du von modernem Wettkampf-Angeln, wie dem YouTube Predator Cup?
Uli Beyer: „Ich bin oft gefragt worden, ob ich nicht mitmachen möchte. Ich habe das aus verschiedenen Gründen abgelehnt. Obwohl ich in meiner Jugend begeisterter Wettkampfangler war. Mit gewachsener Verantwortung und Abstand sehe ich das aber kritisch. Wenn es nicht um ein Lebewesen ginge, fände ich es toll. Und wenn die Leute bei YouTube sehen, dass jemand in einem Gewässer erfolgreich war, kommen die Spot-Geier – Heerscharen von Anglern machen dann heimischen Anglern die Plätze dicht.“
Dustin Schöne: „Der YPC findet in Ländern statt, wo diese Art des Angelns erlaubt ist. Ich habe daran mehrfach teilgenommen und ihn schon ein paarmal gewonnen. Für mich ist es auf der einen Seite ein wichtiges Marketing-Instrument. Auf der anderen Seite möchte man natürlich auch wissen, wie man im Vergleich zu anderen Anglern steht, die diese Passion ebenfalls schon seit Ewigkeiten ausüben. Das Wichtigste ist aber, dass man mit den Fischen extrem sorgsam umgeht.“
„Pflicht, größere Fische zurückzusetzen“
► Ist das Fangen und Zurücksetzen von Fischen nicht Tierquälerei?
Uli Beyer: „Aus meiner Sicht nicht. In Deutschland gibt es die gesetzliche Vorgabe, dass man nur angeln darf, wenn man Nahrungserwerb zum Ziel hat. Fische unter dem Mindestmaß müssen zurückgesetzt werden. Aber man sollte aus vernünftigem Grund auch größere Fische zurücksetzen dürfen, z. B. Laich-Fische. Wenn ich angeln gehen möchte, ohne Nahrungserwerb als Ziel zu haben, muss ich ins Ausland fahren: In vielen Ländern gibt es sogar die Pflicht, größere Fische zurückzusetzen. Und es gibt viele gute Gründe zu angeln, die nicht Nahrungserwerb sind: Sei es Bestandserfassung oder Naturverbundenheit. Ich wünsche mir vom Gesetzgeber mehr anerkannte Gründe zum Angeln. Angler tun schließlich sehr viel für die Gewässer.“
Dustin Schöne: „Das ist eine ethische Frage, auf die es keine klare Antwort gibt. In Deutschland ist das Zurücksetzen von Fischen gefordert, um die Bestände zu erhalten. Zum Beispiel bei untermaßigen Fischen.“
„Fische können ein Echolot hören“
▶︎ Kunstköder sehen inzwischen so echt aus wie richtige Beute. Raubfische werden mit detailschärfsten Echoloten, Kartenplottern, High-End-E-Motoren und Angel-Guides gejagt. Haben die Fische noch eine Chance? Und ist das noch echtes Abenteuer?
Uli Beyer: „Eindeutig ja. Ein Angel-Guide hilft nur mit seinem Erfahrungsvorsprung. Ein Echolot ist ein wichtiges Hilfsmittel, ein Gewässer kennenzulernen und zu verstehen. Es zeigt zwar auch Fische, aber nicht, ob sie beißen. Wo viel mit Echolot geangelt wird, reagieren Fische extrem empfindlich auf E-Motoren und Echolote. Sie hauen ab, sobald so ein Boot kommt. Sie können auch das Echo der Echolote wahrnehmen. Das alte Holz-Ruderboot ohne Technik könnte da zum entscheidenden Erfolgsfaktor werden. Ich selbst habe mein uraltes Ruderboot wieder klargemacht, weil ich mir davon einen Vorteil verspreche.“
Dustin Schöne: „Die Live-Technologie, sogenanntes Live Scoping von Fischen mit einem Echolot, ist nicht meine Art der Angelei. Ich mag das Ungewisse. Wer das häufig macht, merkt auch, dass die Fänge zurückgehen. Die Fische lernen aus den Erfahrungen. Deshalb glaube ich, dass sie eine Chance haben. Es ist natürlich auch Teil des Abenteuers, die Technik so zu verbessern, dass ich mehr und besser Fische fange.“
► Angesichts der enormen Entwicklungen bei Gerät, Technik und großen Fängen: Was kann beim Angeln überhaupt noch kommen?
Uli Beyer: „Wenn wir das wüssten, wären wir schon da. Mit Kameras wird viel passieren: Es wird meiner Meinung nach schon bald Kameras in Ködern geben.“
Dustin Schöne: „Man denkt ja immer, jetzt ist die Fahnenstange erreicht. Aber es gibt dann immer wieder etwas Neues. Es wird noch viel passieren beim Angeln. Echolote werden immer genauer. Das ist eine Sache, die mich auch beunruhigt. Das finde ich nicht nur gut.“
„Heilbutt vom Angelkajak“
▶︎ Was war dein schönstes Angel-Erlebnis?
Uli Beyer: „Oh, da gibt es viele! Auch ein paar, die fast etwas Mystisches haben: Eine Angelzeitung wollte mit mir eine Geschichte über Seeforellen im Möhnesee machen. Sie sind extrem schwer zu fangen. Wir haben dann drei Tage nichts gefangen. Ein Jahr später war ich in Holland – währenddessen fing einer meiner Mitarbeiter im Möhnesee fünf Seeforellen. Mitten in meine Gedanken darüber bekomme ich plötzlich einen Biss – eine Meerforelle! Dort war der Fang eines solchen Ausnahmefisches eigentlich unmöglich. Und das nach drei Meter-Hechten, die ich an diesem Tag gefangen hatte. Da dachte ich: Oben sitzt jemand, der sich einen Spaß daraus macht, mich als Angler zu veräppeln.“
Dustin Schöne: „Das Erfolgserlebnis, auf eigene Faust einen Heilbutt vom Angelkajak aus im Nordmeer zu fangen.“
„Lasst euch nicht blenden“
► Was rätst du Angel-Anfängern?
Uli Beyer: „Ich habe selbst einen sehr harten Weg bestritten, bin durch tiefe Täler gegangen. Wer einsteigt, sollte sich einen guten Freund suchen, der viel Erfahrung hat und einen an die Hand nimmt. Das fängt bei Angelgerät an und hört bei Methoden nicht auf. Die langjährige Erfahrung vor Ort ist durch nichts zu ersetzen. Auch auf YouTube kann man viel lernen.“
Dustin Schöne: „Dranzubleiben. Sich nicht vom Nichtfangen entmutigen zu lassen. Sorgsam mit der Natur umzugehen. Sich nicht von YouTube-Videos blenden zu lassen. Es wirkt zwar manchmal so, als fangen wir Fisch auf Fisch. Das ist zwar oft auch so, aber auf YouTube ist das Material zusammengeschnitten. Und auch wir fangen manchmal mehrere Tage nichts.“
So viel kostet es, mit dem Angeln zu beginnen
▶︎ Wie viel Geld braucht ein Anfänger für eine Ausrüstung?
Uli Beyer: „Wer anfangs billig kauft, verliert den Spaß am Angeln, weil das Gerät Mist ist, das Gefühl nicht da ist. Für 200 bis 300 Euro bekommt man schon ein gutes Gerät. Ich persönlich fische in der Größenordnung von 500 Euro, das ist nicht High End.“
Dustin Schöne: „Es kommt drauf an, welchen Standard man möchte. Man kommt mit 100 Euro hin, aber das ist keine gute Qualität. 300 Euro sollten es zum Einstieg beim Spinnfischen schon sein. Wenn man Gas geben will, kann man bei mehreren Tausend Euro landen.“
Das sollte ein Angler immer dabei haben
► Was darf in Deiner Angeltasche nie fehlen?
Uli Beyer: „Die gut sortierte Köderkiste für unterschiedliche Wassertiefen und Ködergeschwindigkeiten. Sehr wichtig ist auch ein Spektrum unterschiedlicher Farben.“
Dustin Schöne: „Ein Spinnerbait in einer goldenen Farbe.“
▶︎ Bei so viel Angel-Leidenschaft: Hast Du noch andere Hobbys?
Uli Beyer: „Ehrliche Antwort: eher nicht. Ich bin frühzeitig als krank und gestört deklariert worden, weil ich mich so einseitig interessiere. Aber wenn man etwas gut machen möchte, muss man sich einer Sache intensiv widmen.“
Dustin Schöne: „Film, Fußball, Boxen. Durch meine Kinder und meinen Job bleibt aber keine Zeit für eine weitere Passion außer Angeln. Das habe ich natürlich gut gelöst, indem ich es mir zum Beruf gemacht habe.“