Es
gibt Wörter, die derart wohlig klingen, dass allein sie auszusprechen schon das
Gefühl vermittelt, das Leben im Griff zu haben. Zu diesen Zauberwörtern unserer
Gegenwart zählt die Gewohnheit. Wer heutzutage etwas auf sich hält, kultiviert
Gewohnheiten, im Englischen etwas zackiger: habits.
Gewohnheiten,
das klang einst nach Trott und Tristesse, nach all den langweiligen Handlungen
des Alltags, die Menschen vollziehen, ohne sich darüber Gedanken zu machen:
Zähne putzen, Nägelkauen, Wasser trinken. Ein Blick in den Kosmos der
Selbsthilfeliteratur offenbart jedoch, dass Gewohnheiten zur Lifestyle-Methodik geworden sind: Atomic Habits oder Good Habits, Bad Habits oder The
Power of Habit lauten die englischsprachigen Titel der Bücher, die auch in deutschen
Bahnhofsbuchhandlungen angeboten werden. Nimmt man nun, in bester
soziologischer Absicht, die glänzende Welt der Ratgeber als Seismograf für
soziale Bedürfnisse ernst, stellt sich die Frage: Wenn Gewohnheiten die Antwort
sind, was ist die Frage?