Jörg F. Maas ist Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen.
Natürlich, Bücher sind wertvoll, sie eröffnen neue Welten, regen die Fantasie an und bilden. Obwohl dieser Aussage wohl die meisten Menschen grundsätzlich zustimmen würden, kann jedes vierte Grundschulkind nach der vierten Klasse nicht richtig lesen. Bei den 15-Jährigen betrifft es ebenfalls rund ein Viertel – und bei den Erwachsenen in Deutschland circa 6,2 Millionen. Diese Leseschwäche hat viele bekannte Ursachen. Ein Grund, der selten genannt wird, lautet: weil das Lesen allzu oft auf das “gute Buch” reduziert wird, das auf einem akademischen Sockel steht. Der Wahrnehmung nach ist es ein oft medial romantisiertes und kulturell geprägtes Hobby, das mit Zeit, Geld und Bildung verknüpft wird. Selbst TikToker nutzen gut gefüllte Buchregale als Hintergrunddekors – ob wirklich auch gelesen wird, das erkennt man auf den Videos nicht.