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Verzicht als Lifestyle: Richtig fasten

Verzicht als Lifestyle: Richtig fasten


Weniger Fleisch essen? Mal ein paar Wochen lang keinen Nachtisch? Und ist das dann eine Diät oder mehr?

© picture alliance / dpa Weniger Fleisch essen? Mal ein paar Wochen lang keinen Nachtisch? Und ist das dann eine Diät oder mehr?

Die Fastenzeit hat begonnen, und viele Deutsche wollen verzichten. Zum Beispiel auf Alkohol. Dann auch auf Süßigkeiten. Das hört man alle Jahre wieder, und auch aktuell bestätigt eine Umfrage es. Auf Platz drei liegt dieses Jahr der Verzicht auf Fleisch. Es gibt aber auch Dinge, die – Fastenzeit hin, Fastenzeit her – viele für unentbehrlich halten: zum Beispiel das Autofahren und ihr Handy.

Schade eigentlich. Denn jetzt wäre eine gute Gelegenheit, mal anders über sich selbst nachzudenken als sonst. Stattdessen geht es wieder genau um das, worum es immer geht, wenn die Rede auf Verzicht kommt: weniger ist mehr, bewusster leben, gesundes Abnehmen, Wellness. Diese Dinge zählten zu den beliebtesten Vorsätzen der Deutschen Ende des vergangenen Jahres. Viele begannen das Jahr mit einem „Dry January“, einem Monat ohne Alkohol, andere mit dem „Veganuary“, also fleischlos, wieder andere oder vielleicht auch dieselben stellten sich der „Zucker-Challenge“ und verzichteten auf Süßes.


Weniger Fleisch essen? Mal ein paar Wochen lang keinen Nachtisch? Und ist das dann eine Diät oder mehr?

© Picture Alliance Weniger Fleisch essen? Mal ein paar Wochen lang keinen Nachtisch? Und ist das dann eine Diät oder mehr?

Wie immer scheiterten viele oder waren zumindest nicht so erfolgreich, wie sie es gern gewesen wären. Zwei Kilo runter, drei wieder drauf, oder eben doch hier und da ein Glas Wein mitgetrunken oder drei oder vier und dann mit Kater aufgewacht. Man will es sich halt gut gehen lassen, mal mit Genuss, mal mit Verzicht, und sucht das Gleichgewicht. Die Fastenzeit ist da ein weiterer willkommener Anlass, gemeinschaftlich achtsam zu sein.

Fitness, besserer Schlaf, Wohlstand

Dieses Phänomen ist Teil einer Entwicklung, die christliche Traditionen in den Dienst von Lifestyleentscheidungen stellt. Daran, dass die Weihnachtsbotschaft regelmäßig erst unter einem Berg von Geschenken hervorgeschaufelt werden muss, haben sich die meisten, die sie überhaupt noch hören wollen, schon gewöhnt. Dazu kommt, dass manche Pastorinnen ihre Weihnachtsgottesdienste im Stile von Stand-up-Comedians halten, weil dem Publikum sonst langweilig wird. Ende Februar stehen schon die Schokoladenhasen in den Läden, und Luxusferienhäuser suchen Ostergäste. Dagegen wirkt die Fastenzeit fad. Verzicht verkauft sich schlecht.

Doch interpretiert als Wellnessurlaub im Lande Ich, ist er schon attraktiver. So nutzt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung die Fastenzeit für ihre Aktion „Kannst du ohne?“. Sie ermutigt die Deutschen, in den nächsten Wochen auf Alkohol zu verzichten – und verspricht Fitness, besseren Schlaf, mehr Geld und Gewichtsverlust. Richtige Ziele, falscher Zeitpunkt: Die Fastenzeit ist ja gerade eine Gelegenheit, über Diäten hinaus mit sich in Kontakt zu treten. Das war schon im Mittelalter so, als die Christen sich fastend auf Ostern vorbereiteten. Es ging um Besinnung. Dabei musste der Verzicht nicht als schreckliche Entbehrung empfunden werden. Aber nur um Selbstoptimierung ging es eben auch nicht.

Was schlagen also die Kirchen vor? Evangelische und katholische rufen gemeinsam zum Klimafasten auf. Die Menschen sollten darüber nachdenken, wie sie ihr Leben klimafreundlicher gestalten könnten. Da dürften allerdings nur jene mittun, die dafür sowieso schon einen Sinn haben – allzu pädagogisch kommt die Einladung daher. Interessanter ist da schon die Idee der evangelischen Kirche, sich sieben Wochen den eigenen Ängsten zu stellen, Mut zu fassen und andere zu ermutigen. Wem das immer noch zu lahm ist, der kann ja wirklich mal auf Handy und Auto verzichten. Eine Erfahrung wird es auf jeden Fall.

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